Frankfurter Erklärung der avj
Lesen fördern heißt Zukunft fördern
Wir - die Mitgliedsverlage der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. (avj), dem Interessenverband deutschsprachiger Kinder- und Jugendbuchverlage - prangern die schlechte Ausstattung von Buchbeständen in deutschen Kindergärten und Schulen an und warnen vor den Folgen der fehlenden Investition in unseren Nachwuchs durch fehlende Investitionen des Staates in Schulbibliotheken.

Eine verbandsinterne Umfrage macht eine Einschätzung der Lage möglich: Anlass waren die in vielen Verlagshäusern deutlich zunehmenden E-Mails, Briefe und Anrufe, in denen um kostenfreie Bücher für ihre Kita-, Klassen- und Schulbibliotheken sowie für ihre Arbeit als Literaturpädagog*innen gebeten wird.

48 unserer Mitgliedsverlage gaben für den Zeitraum Januar bis August 2022 an, zusammen über 9.200 Anfragen nach kostenfreien Exemplaren erhalten zu haben - ein schockierendes Ergebnis.
Oftmals begründen die Pädagog*innen in Kitas, Schulen, Horten und in der außerschulischen Leseförderung diese Anfragen, dass ihnen nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, um den Kindern und Jugendlichen ausreichend Bücher und andere Medien zur Verfügung zu stellen.

"Viele Verlage haben schon zu hören bekommen, dass das von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Geld für das Mobiliar der Leseräume ausgegeben wurde. Für die Bücher, den eigentlichen Grundstock jeder Leseecke und Bibliothek, reicht es dann aber nicht mehr und diese sollen kostenfrei von den Verlagen zur Verfügung gestellt werden", so Bernd Herzog.

Pro Anfrage wurden dabei nach Einschätzung der zuständigen Abteilungen im Durchschnitt bis zu 3 Exemplare erbeten. Für 2022 wären das für alle 97 avj-Mitgliedsverlage hochgerechnet über 80.000 kostenlose Exemplare. Bei einem durchschnittlichen Ladenpreis von 12,61 Euro (Stand: 2021) entspricht das einem jährlichen Buchhandelsumsatz von über 1 Million Euro.

"Doch so kann es nicht weitergehen!" - "Wir können das in diesem Maße nicht leisten!", war die einhellige Meinung bei der letzten Jahresversammlung der avj. Denn auch wenn uns Verlagen die Leseförderung sehr wichtig ist und wir viele Aktionen gerne unterstützen, sind wir zunächst einmal Wirtschaftsunternehmen. Unser Gut sind professionell erstellte literarische Stoffe für Kinder und Jugendliche. Gerade in Zeiten von steigenden Preisen für Papier, Energie und Fracht tragen wir nicht zuletzt eine wirtschaftliche Verantwortung für unsere Autor*innen, Illustrator*innen, Übersetzer*innen und Mitarbeiter*innen.

Daneben kommt Kinder- und Jugendliteratur aber auch ein gesellschaftlicher Wert und eine besondere Bedeutung zu. Denn Kinder- und Jugendbücher bilden die Grundlage für Lesekompetenz, Bildungserfolge und schlussendlich gesellschaftliche Teilhabe. Die Kulturtechnik Lesen ist Voraussetzung für selbstständig denkende Bürger*innen und damit eine wesentliche Säule der demokratischen Grundordnung.

Neueste Studien, wie etwa die IFS-Schulpanelstudie vom März 2022 zeigen, die Lesefähigkeit der Schüler*innen sinkt leider weiter dramatisch. Hier wird also demnach Mehr gebraucht: mehr an Lesestoff, mehr an Vermittlung, mehr an Geldern. Stattdessen werden Förderprogramme zusammengestrichen und das Problem auf Einzelpersonen abgewälzt. Der Staat wird hierbei seiner Verantwortung nicht gerecht. Kinder sind die Zukunft dieses Landes. Es gilt, sie gut auszubilden in Lesekompetenz und Empathie, in Fakten und Fantasie. Kinder- und Jugendbücher leisten dazu einen maßgeblichen Beitrag. Angesichts der gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen ist die strukturelle Förderung von Kita- und Schulbibliotheken dringend notwendig und längst überfällig.

Die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen e. V. fordert deshalb im Namen der knapp 100 Mitgliedsverlage:

- ein klares Bekenntnis der politischen Entscheider*innen zur Notwendigkeit des Ausbaus der Lese- und Medienkompetenz
- die Weiterführung des Sprachförderprogramms "Sprach-Kitas"
- Fördertöpfe der öffentlichen Hand für die Ausstattung von Kita, Klassen-, Schul- und Institutsbibliotheken
- die Verankerung von Literaturvermittlung in außerschulischen Betreuungsangeboten und
- gezielt wirkende Förderprogramme für leseschwache Kinder und Jugendliche.

Die avj und ihre Mitgliedsverlage stehen dabei für Gespräche und gemeinsame Ideen gern zur Verfügung.


Pressemitteilung vom| 11.10.2022
veröffentlicht unter www.avj-online.de
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